Bevölkerungspolitische Maßnahmen gegen "fremdvölkische Arbeitskräfte" und ihre Kinder
Mit der im Laufe des Krieges ständig zunehmenden Zahl ausländischer ZwangsarbeiterInnen im Reichsgebiet geriet eine Gruppe ins Visier der Gesundheitsbehörden, die von Anfang an als medizinische und bevölkerungspolitische Gefahr eingestuft wurde. Die medizinische Versorgung der ZwangsarbeiterInnen war von zwei Grundsätzen geleitet: maximale Ausbeutung der Arbeitskraft bei minimalem Kostenaufwand und Schutz der einheimischen Bevölkerung vor ansteckenden Krankheiten. Dazu kam der Versuch, aus rassistischen Gründen die Fortpflanzung der ZwangsarbeiterInnen zu kontrollieren.
Das besondere Augenmerk der Behörden lag auf schwangeren Zwangsarbeiterinnen, die das ideologische Projekt einer rassistischen Vereinheitlichung Deutschlands gefährdeten. 1943 errichtete die Stadt Wien auf dem Gelände des nicht weit von der Anstalt Steinhof gelegenen Wilhelminenspitals eine eigene Baracke für Abtreibungen an osteuropäischen Zwangsarbeiterinnen. In der Folge wurden allein in Wien Hunderte Frauen zu Abtreibungen gezwungen, um der drohenden "rassischen Unterwanderung" des Deutschen Reiches zu begegnen. Doch auch wenn die Frauen ihre Kinder zur Welt bringen konnten, waren deren Überlebenschancen meist gering, wurden sie doch in eigens errichteten "Ausländerkinderpflegestätten" einer systematischen Unterernährung und Vernachlässigung ausgesetzt.